„Bäume sind Leben. Ihr größter Wert ist wahrscheinlich ihre wohltuende Wirkung auf die Gesundheit, das Klima, den Boden, den Niederschlag und die Gewässer. Bäume verschönern das Land, spenden Schatten für Mensch und Vieh, schützen die Feldfrüchte vor Wind und Sturm und halten das Wasser im Boden auf einem Niveau, auf dem es vom Menschen genutzt werden kann. …
Bäume sind ein Grundlage der Zivilisation.“
Der „Waldmacher“ Tony Rinaudo, Träger des Alternativen Nobelpreises 2018
Quelle: Frankfurter Rundschau, Nr. 125, S. 18, 02.06.2021
32 % der Landfläche in Deutschland ist mit Wald bedeckt, was 11,5 Mio. ha entspricht. Bäume entnehmen der Atmosphäre CO2 und wandeln es in Kohlenstoff (C) und Sauerstoff (O2) um. Aktuell speichern die deutschen Wälder in ober- und unterirdischer Biomasse knapp 1,2 Mrd. t C, das entspricht 4,4 Mrd. t CO2. [CO2-Umrechnungsfaktor: 3,67; rd. 50 % der Holzmasse besteht aus C; 1 t Holz bindet also 1,83 t CO2 (50 % C * 3,67)]. Das ist etwa das Fünffache der deutschen CO2-Emissionen 2018 von 0,866 Mrd. t.
Bäume sind Kohlenstoff-Speicher
Beispiele (siehe Stiftung Unternehmen Wald):
Fichte
Eine 35 m hohe Fichte mit einem Alter von ca. 100 Jahren hat einem Durchmesser von 50 cm (in 1,3 m Höhe über dem Boden gemessen). Das Holzvolumen inklusive Äste aber ohne Wurzeln beträgt 3,4 m3. Die darin enthaltene gesamte Biomasse hat ein Trockengewicht von knapp 1,4 t; die Hälfte des Holzkörpers besteht aus Kohlenstoff, also 0,7 t.
Das bedeutet: Eine 35 m Hohe Fichte hat 0,7 t Kohlenstoff gespeichert. Dies entspricht einer CO2 Absorption von 2,6 t CO2.
Buche
Eine 120 jährige und ca. 35 m hohe Buche mit einem Durchmesser von 50 cm (in 1,3 m Höhe über dem Boden gemessen) hat ein Trockengewicht von 1,9 t, also rund 0,95 t Kohlenstoff. Dies multipliziert mit 3,67 ergibt 3,5 t CO2.
Eine Buche mit der gleichen Höhe und dem gleichen Durchmesser hat fast eine t mehr CO2 gespeichert als eine Fichte. Dies liegt daran, dass die Holzdichte bei der Buche höher ist.
Die 4. Bundeswaldinventur zeigt, dass die deutschen Wälder in ihrer oberirdischen Biomasse eine Kohlenstoffmenge von rund 1.021 Mio. t bevorraten, hinzu kommen 163 Mio. t C in unterirdischer Biomasse, vor allem den Wurzeln, und 46 Mio. t C im Totholz. Allerdings haben die deutschen Wälder seit 2017 41,5 Mio. t C verloren, wodurch der deutsche Wald erstmals zur CO2-Quelle geworden ist.
Auch Waldboden speichert Kohlenstoff
In der Humusauflage und den oberen 30 cm des Mineralbodens sind noch einmal 936 Mio. t C gebunden. Andere Quelle gehen davon aus, dass der Waldboden, also die Humusauflage sowie der Mineralboden, sogar einen noch höheren Kohlenstoffvorrat aufweist als die lebende Baumbiomasse der Waldbestände (vgl. u.a. Peter Wohlleben: Der Wald. Eine Entdeckungsreise, Heyne-Verlag, 5. Aufl., München 11/2016, S. 232 ff).
Tropische Wälder sind besonders effektive Speicher
Zudem ist nicht Wald gleich Wald. Tropische Wälder wachsen etwa dreimal schneller als Wälder in Deutschland. Deshalb kann 1 ha Wald in Deutschland jährlich 10 t CO2 binden (das entspricht etwa dem jährlichen CO2-Fußabdruck pro Kopf in Deutschland), in den Tropen jedoch 30 t. Regenwald speichert rd. 200 t C / ha, deutscher Wald nur rd. 120 t C / ha, Mangrovenwälder bis 1.000 t C / ha.
Um mit Wald negative Emissionen zu erzeugen, ist es am effektivsten, in tropischen Regionen Wald wiederherzustellen und damit CO2-Senken zu schaffen. Jede zusätzlich gebundene Tonne CO2 kompensiert eine Tonne CO2-Emission. 100 Mio. ha wiederhergestellter tropischer Wald könnten also 3 Mrd. t der jährlich 42 Mrd. t emittierten CO2 binden. Ein Stopp des Abholzens der Regenwälder würde die globalen CO2-Emissionen jährlich um weitere 3 Mrd. t reduzieren. Dadurch würde es gelingen, das vorhandene CO2-Budget zeitlich zu strecken (vgl. u.a. Klaus Wiegand: Wälder für die Welt, September 2018).
Erhalt des globalen Waldes
Am 30. Juni 2023 ist die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte in Kraft getreten. Diese soll verhindern, dass in der EU Produkte aus Waldzerstörung auf den Markt gelangen. Ob damit die Waldzerstörung gestoppt wird, muss bezweifelt werden. 2021 ist die globale Waldfläche auf deutlich unter 40 Mio. km2 gesunken. Dieser noch vorhandene Bestand muss dringend erhalten bleiben, denn er könnte in dieser Größenordnung nie wieder aufgeforstet werden. Zudem emittieren diese Flächen infolge der Kahlschläge große Mengen an Treibhausgasen (THG) aus Böden und Totholz. Selbst wenn diese Flächen sofort wieder aufgeforstet würden, würde es Jahrzehnte dauern, bis sie wieder zu THG-Senken werden. Dennoch wird immer mehr Wald mit unzähligen Pflanzen- und Tierarten durch Kahlschlag, Brandrodung und klimabedingte Brände vernichtet, seit 1990 weltweit mehr als 4,2 Mio. km2 (das entspricht 12 mal der Fläche Deutschlands). Der Amazonas-Regenwald (Karte) steht vor dem Kollaps. In Russland verbrannte im Sommer 2021 mehr Wald als jemals zuvor und mehr als in allen anderen Ländern der Welt zusammen. Und in Deutschland sind infolge der Klimakrise noch nie so viele Bäume abgestorben wie im Jahr 2020 (Waldzustandsbericht 2020). Diese Vernichtung des globalen Waldes muss gestoppt werden und zwar sofort.
Dem stehen aber massive wirtschaftliche Interessen entgegen: die Verwertung des gefällten Holzes (hohe Anteile: Brennholz, kurzlebige Papierprodukte), die landwirtschaftliche Nutzung der entwaldeten Flächen und der Abbau von Bodenschätzen. Aus dieser Verwertungsspirale wird man nur rauskommen, wenn der Erhalt des Waldes belohnt wird und diese Rendite für den Erhalt des Waldes – eine Waldabgabe bzw. Kompensation für dessen Nichtnutzung – höher ist als alle denkbaren sonstigen Erträge (siehe auch rbb-Doku Ware Wald). Eine MCC-Studie zeigt, dass der Erhalt des Regenwaldes und dessen Wiederaufforstung der effizienteste Weg zum Erreichen der Klimaziele ist: Ein Dollar für den Regenwald spart 5,40 Dollar für sonstigen Klimaschutz! Eine weitere MCC-Studie fordert für THG-Senken z. B. durch Aufforstung: „jede Tonne CO2, die aus der Atmosphäre entfernt wird, stärker zu subventionieren, als es dem Preis für die Emissionen entspricht.“
„Was für ein Hohn! Ein Konzern zerstört für Kautschukplantagen das Leben indigener Gemeinschaften und bedroht das artenreiche Dja-Schutzgebiet. Und die Deutsche Bank finanziert das Ganze mit einem sogenannten ‚Nachhaltigkeitskredit‘.“
Ranece Jovial Ndjeudja, Greenpeace Waldexperte im Kamerun, zur Rodung von 11.000 ha Regenwald zum Anbau von Kautschuk für Autoreifen, Schuhsohlen und Schnuller
89 %
aller Buchen haben eine lichte Krone
(Waldzustandsbericht 2020)
Siehe YouTube-Aufzeichnung des Nationalen Waldgipfels vom 5.08.2021
Alleskönner Wald – Sonderausstellung (25.06.2021 – 11.06.2023) im Naturkundemuseum Münster
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„Der Wald – nicht das Holz – ist auch da ein Schlüsselfaktor. Manche sagen, in Sachen CO2-Speicherung sei das verbaute Holz das Allerbeste. Das ist nicht richtig. Man muss wissen: 80 bis 90 Prozent des Holzes werden zu Wegwerfprodukten verarbeitet, Verpackungsmaterial, Paletten, Hackschnitzel. Diese Dinge werden schnell wieder verbrannt und setzen das CO2 frei. Bauholz, das 50 oder mehr Jahre bleibt, hat leider nur einen kleinen Anteil. Dagegen speichert der stehende Waldbestand dauerhaft CO2, und da haben wir großes Steigerungspotenzial. Zurzeit beträgt der durchschnittliche Holzvorrat in Deutschland 300 Kubikmeter pro Hektar. Aber in Betrieben, die sich vorgenommen haben, diesen Vorrat zu steigern, sind das auch schon mal 500. …
Im Stadtwald Lübeck hat man das konsequent gemacht, mit dem naturnächsten Waldbewirtschaftungssystem, das wir in Deutschland haben. Seit 1994 ist dort die Menge des eingeschlagenen Holzes halbiert worden. Das hat einen enormen Vorrat eingebracht. Noch eine Zahl: Zurzeit speichert der deutsche Wald etwa sieben Prozent der klimaschädlichen CO2-Emissionen. Wenn wir dahin kommen, die Emissionen zu senken, steigt auch der Anteil, den der Wald aufnimmt. Aber noch wichtiger ist die lokale Kühlungsfunktion. Wald ist eine natürliche Kühlungsanlage durch die Verdunstung – das sind Temperaturunterschiede zum Teil bis zehn Grad an heißen Sommertagen. Das sollte noch viel stärker berücksichtigt werden.“
Gerald Klamer, ehemaliger Forstbeamter, Interview in Frankfurter Rundschau vom 29.10.2021